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Schweizer Mehrwertsteuer: Wie funktioniert sie?

Louis Mummenthaler
3. Juni, 2025

Inhaltsverzeichnis

Einleitung & allgemeine Einführung

Die Mehrwertsteuer (MwSt) ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Schweizer Staates. Sie betrifft nahezu jedes Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen in der Schweiz anbietet. Für Unternehmer ist es daher unerlässlich, die Grundprinzipien, Pflichten und Fristen der MwSt zu kennen – nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch zur Vermeidung finanzieller Risiken. Wer sich noch unsicher bei der Wahl der Rechtsform ist, findet Entscheidungshilfe im Artikel GmbH oder AG.

Im Gegensatz zur direkten Steuer ist die MwSt eine Verbrauchssteuer, die letztlich vom Endkunden getragen wird. Unternehmen agieren als Zwischeninstanzen: Sie erheben die Steuer beim Verkauf und führen sie an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ab. Gleichzeitig dürfen sie die sogenannte Vorsteuer für eigene betriebliche Einkäufe abziehen – dies sorgt für steuerliche Neutralität innerhalb der Wirtschaftskette.

In dieser Übersicht erklären wir, wie die MwSt in der Schweiz aufgebaut ist, welche Sätze gelten, ab wann eine Pflicht zur Registrierung besteht und wie Unternehmen ihre Abrechnung korrekt durchführen. Ziel ist es, sowohl Gründer als auch erfahrene Unternehmer praxisnah und rechtssicher über ihre steuerlichen Pflichten zu informieren.
Wie funktioniert die Mehrwertsteuer in der Schweiz?

Wie funktioniert die Mehrwertsteuer in der Schweiz?

Die Mehrwertsteuer in der Schweiz basiert auf dem sogenannten Netto-Allphasen-System mit Vorsteuerabzug. Das bedeutet: Auf jeder Handelsstufe wird Mehrwertsteuer auf den Verkaufspreis erhoben, wobei Unternehmen die von ihnen bezahlte Vorsteuer auf Einkäufe vom eigenen Steuerbetrag abziehen dürfen. Diese Systematik sorgt dafür, dass die Steuerlast letztlich beim Endverbraucher liegt, während Unternehmen lediglich als Steuerübermittler fungieren.

Jedes mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen muss auf den Verkauf seiner Waren oder Dienstleistungen die Mehrwertsteuer erheben. Die Höhe richtet sich nach dem geltenden Steuersatz, der abhängig von der Art der Leistung ist (siehe Abschnitt 3). Der Kunde bezahlt den Bruttopreis inklusive Mehrwertsteuer, das Unternehmen führt den Steueranteil regelmäßig an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ab.

Zentraler Bestandteil ist der Vorsteuerabzug. Unternehmen dürfen die von ihnen bei geschäftlichen Einkäufen gezahlte Mehrwertsteuer (z. B. für Rohstoffe, Miete, Maschinen oder Dienstleistungen) mit der vereinnahmten Umsatzsteuer verrechnen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mehrwertsteuer wirtschaftlich gesehen nur auf der Wertschöpfung erhoben wird.

Ausgenommen vom Vorsteuerabzug sind rein private Ausgaben oder Leistungen, die von der Steuer befreit sind (z. B. gewisse medizinische Leistungen oder Bildung). Für solche Umsätze muss eine sorgfältige Trennung in der Buchhaltung erfolgen.

Je nach Unternehmensform und -größe kann zwischen der effektiven Abrechnungsmethode und der Saldosteuersatzmethode gewählt werden. Bei der effektiven Methode werden Umsatzsteuer und Vorsteuer exakt gegenübergestellt. Die Saldosteuersatzmethode hingegen erlaubt eine pauschale Abrechnung mit vereinfachten Sätzen, ist aber nur für Unternehmen mit Jahresumsatz unter CHF 5.005.000 zugelassen.

Die Mehrwertsteuerpflicht beginnt nicht automatisch mit der Gründung eines Unternehmens, sondern ist an bestimmte Umsatzgrenzen gebunden – mehr dazu in Abschnitt 4. Ein zentraler Schritt vor dem Betriebsstart ist der Handelsregistereintrag, der die steuerliche und rechtliche Erfassung eines Unternehmens ermöglicht. Dennoch empfiehlt es sich, bereits frühzeitig die Systematik zu verstehen und betriebsinterne Abläufe darauf abzustimmen.
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Welche Sätze gelten?

In der Schweiz gelten unterschiedliche Mehrwertsteuersätze, abhängig von der Art der gelieferten Güter oder erbrachten Dienstleistungen. Der Normalsatz beträgt seit dem 1. Januar 2025 8,1 %. Er kommt bei den meisten Produkten und Dienstleistungen zur Anwendung – etwa beim Verkauf von Konsumgütern, Beratungsleistungen, technischen Dienstleistungen oder Gastronomie (ausgenommen Take-away).

Der reduzierte Satz von 2,6 % gilt für Güter des täglichen Bedarfs. Dazu zählen insbesondere Lebensmittel, alkoholfreie Getränke, Bücher, Zeitungen, Medikamente, Pflanzen oder Agrarprodukte. Dieser niedrigere Satz soll sozialpolitische und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, indem lebensnotwendige Güter günstiger versteuert werden.

Für Übernachtungen in Hotels, Pensionen oder Ferienunterkünften gilt der sogenannte Sondersatz von 3,8 %. Dieser spezielle Tarif wurde eingeführt, um den Tourismusstandort Schweiz zu fördern und gleichzeitig den administrativen Aufwand für diese Branche zu vereinfachen.
Bestimmte Leistungen sind mehrwertsteuerbefreit, etwa medizinische Behandlungen, Bildungsangebote, kulturelle Veranstaltungen oder Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. In solchen Fällen darf keine Mehrwertsteuer verrechnet werden – im Gegenzug entfällt aber auch der Anspruch auf Vorsteuerabzug.

Für Unternehmen ist es entscheidend, die korrekten Sätze anzuwenden und diese sauber in der Buchhaltung zu dokumentieren. Fehlerhafte Deklarationen oder falsche Steuersätze können zu Nachzahlungen, Bussen oder Zinsforderungen führen. Wer international tätig ist, muss zusätzlich prüfen, ob Lieferungen oder Leistungen grenzüberschreitend steuerbar sind oder in der Schweiz von der Steuer befreit werden können (z. B. Exportgeschäfte).

Die korrekte Anwendung der Mehrwertsteuersätze ist nicht nur ein buchhalterisches Detail, sondern ein zentraler Bestandteil der steuerlichen Compliance eines Unternehmens.

Wer ist mehrwertsteuerpflichtig?

In der Schweiz ist grundsätzlich jedes Unternehmen mehrwertsteuerpflichtig, das einen jährlichen Umsatz von mehr als CHF 100’000 aus steuerbaren Leistungen erzielt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Einzelunternehmung, eine GmbH, eine AG oder eine ausländische Firma handelt, die Leistungen in der Schweiz erbringt. Auch Non-Profit-Organisationen oder Vereine können unter Umständen steuerpflichtig sein, sofern sie wirtschaftliche Leistungen anbieten.

Für Neugründer bedeutet dies: Sobald absehbar ist, dass der Umsatz im laufenden oder folgenden Jahr die Schwelle von CHF 100’000 überschreiten wird, besteht Registrierungspflicht bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine freiwillige Anmeldung, um den Vorsteuerabzug nutzen zu können.

Eine Ausnahme besteht für Unternehmen, die ausschliesslich von der Steuer ausgenommene Leistungen erbringen – etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheitswesen, Kultur oder Finanzdienstleistungen. Diese Betriebe sind zwar nicht steuerpflichtig, haben aber auch keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug.

Für Unternehmen mit Sitz im Ausland, die in der Schweiz Leistungen erbringen (z. B. Montage, Beratung, Lieferung), gelten besondere Regelungen. Diese sind grundsätzlich mehrwertsteuerpflichtig ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz, sofern sie im Herkunftsland ebenfalls mehrwertsteuerpflichtig sind. In diesem Fall müssen sie eine Fiskalvertretung benennen und sich bei der ESTV registrieren.

Eine wichtige Abgrenzung betrifft die Unterscheidung zwischen steuerbaren, steuerbefreiten und nicht steuerbaren Umsätzen. Nur bei steuerbaren Umsätzen besteht MwSt-Pflicht. Steuerbefreite Umsätze (z. B. Export) erfordern zwar die Deklaration, führen aber nicht zur Abgabe von Steuerbeträgen – der Vorsteuerabzug bleibt erhalten.

Die genaue Prüfung der Umsatzstruktur ist daher für jedes Unternehmen essenziell. Fehler in der Einschätzung oder verspätete Anmeldungen können zu hohen Nachforderungen und Verzugszinsen führen. Wer sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, kann Risiken vermeiden und Vorteile gezielt nutzen.

Adam Abdellaoui

Of Counsel
info@goldblum.ch
+41 (44) 5152530
Wann beginnt die Pflicht?

Wann beginnt die Pflicht?

Die Pflicht zur Mehrwertsteuerregistrierung beginnt nicht automatisch mit der Gründung eines Unternehmens, sondern ist an klare Schwellenwerte und zeitliche Kriterien gebunden. Entscheidend ist der Umsatz aus steuerbaren Leistungen – sobald dieser CHF 100’000 pro Jahr erreicht oder voraussichtlich erreicht wird, greift die Meldepflicht.

Wichtig ist: Nicht der tatsächliche Umsatz im Gründungsjahr ist ausschlaggebend, sondern die prognostizierte Entwicklung. Wenn bereits bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu erwarten ist, dass die Schwelle überschritten wird, muss die Anmeldung bei der ESTV unverzüglich erfolgen. Wer zu spät meldet, riskiert rückwirkende Steuerforderungen und Verzugszinsen.

Für Start-ups und neue Unternehmen ist diese Einschätzung oft schwierig. Um Klarheit zu schaffen, bietet die ESTV Online-Tools und Beratungshilfen an. Alternativ kann auch eine freiwillige MwSt-Registrierung erfolgen, selbst wenn der Umsatz unter der Schwelle liegt. Bereits vor der MwSt-Registrierung lohnt sich die Eröffnung eines Kapitaleinzahlungskonto, um das Startkapital korrekt und effizient zu hinterlegen Dies ermöglicht den Vorsteuerabzug und stärkt oft die Glaubwürdigkeit gegenüber Geschäftspartnern.

Sonderregelungen gelten für ausländische Unternehmen ohne Sitz in der Schweiz. Für sie besteht bereits ab dem ersten steuerbaren Franken Umsatz eine Registrierungspflicht – sofern sie im Heimatstaat ebenfalls mehrwertsteuerpflichtig sind. Dies betrifft vor allem IT-Dienstleister, Berater, Veranstalter oder Lieferanten mit Direktvertrieb in die Schweiz.

Zudem kann die Pflicht zur Registrierung auch im Laufe eines Kalenderjahres eintreten – etwa bei starkem Umsatzwachstum. Unternehmen sind deshalb verpflichtet, ihre Umsatzentwicklung laufend zu überwachen und bei Überschreiten der Schwelle innerhalb von 30 Tagen zu reagieren.

Ein frühzeitiger Überblick über die Umsatzprognosen, eine gute interne Planung und eine klare Buchhaltung helfen, die Fristen einzuhalten und unnötige Belastungen zu vermeiden.
Abrechnung und Vorsteuer

Abrechnung und Vorsteuer

Sobald ein Unternehmen mehrwertsteuerpflichtig ist, muss es seine Umsätze regelmäßig bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) deklarieren. Die Deklaration erfolgt quartalsweise oder halbjährlich – je nach gewählter Abrechnungsmethode und Unternehmensgröße.
Grundsätzlich stehen zwei Abrechnungsarten zur Verfügung: die effektive Methode und die Saldosteuersatzmethode.

Bei der effektiven Methode berechnet das Unternehmen die Steuer auf Basis der tatsächlich erzielten Umsätze und zieht im Gegenzug die Vorsteuerbeträge ab, die auf betrieblichen Ausgaben lasteten. Diese Methode ist präzise, erfordert jedoch eine saubere Buchhaltung und genaue Dokumentation aller Eingangs- und Ausgangsrechnungen.

Die Saldosteuersatzmethode (SSS) hingegen erlaubt es Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter CHF 5.005.000, die Steuer pauschal zu berechnen. Hierbei wird ein vom Bund festgelegter Prozentsatz auf den Bruttoumsatz angewendet – abhängig von der Branche. Der Vorteil liegt in der administrativen Vereinfachung, allerdings entfällt die separate Vorsteuerverrechnung.

Unabhängig von der Methode muss jedes Unternehmen die MwSt-Abrechnung fristgerecht einreichen – meist innerhalb von 60 Tagen nach Quartals- bzw. Halbjahresende. Besonders hilfreich für die fristgerechte Abrechnung ist eine strukturierte Gehaltsbuchhaltung, die alle steuerlich relevanten Posten sauber dokumentiert. Verspätungen führen zu Mahnungen, Zinsen oder gar Bussen.

Eine zentrale Rolle spielt der Vorsteuerabzug: Unternehmen dürfen die Mehrwertsteuer, die sie selbst beim Einkauf betrieblicher Leistungen bezahlt haben (z. B. für Büroausstattung, Dienstleistungen oder Mieten), von der geschuldeten Steuer abziehen. Dies reduziert die Steuerlast erheblich und vermeidet eine Kettenbesteuerung.

Ausgeschlossen vom Vorsteuerabzug sind Kosten mit privatem Charakter, nicht geschäftlich genutzte Anteile (z. B. Privatanteil Fahrzeug) sowie Ausgaben für von der Steuer befreite Leistungen. Hier ist eine präzise Trennung in der Buchhaltung notwendig.

Zudem ist es Pflicht, alle Rechnungen mit korrekten MwSt-Angaben aufzubewahren – mindestens zehn Jahre lang. Nur auf Basis dieser Belege erkennt die ESTV den Vorsteuerabzug an.
Digitale Buchhaltungslösungen und spezialisierte Treuhandbüros helfen, die Deklaration korrekt und effizient abzuwickeln. Sie minimieren Fehlerquellen und sichern die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben – ein wichtiger Beitrag zur steuerlichen Compliance jedes Unternehmens.

Fazit

Die Mehrwertsteuer ist ein zentrales Element im Schweizer Steuersystem – und für Unternehmen Pflicht und Chance zugleich. Wer ihre Systematik versteht, Fristen einhält und korrekt abrechnet, reduziert Risiken und optimiert seine Finanzprozesse.

Ob bei der Wahl der Abrechnungsmethode, der korrekten Satzanwendung oder dem Vorsteuerabzug: Genauigkeit und gute Planung sind entscheidend. Auch die Marke registrieren kann ein weiterer Schritt zur Absicherung und rechtlichen Klarheit für Unternehmen sein. Unternehmen, die sich frühzeitig mit der Mehrwertsteuer auseinandersetzen, sichern nicht nur ihre Rechtskonformität, sondern stärken auch ihre Position gegenüber Kunden, Partnern und Behörden.

Professionelle Beratung, digitale Lösungen und ein vorausschauendes Controlling machen die Mehrwertsteuer handhabbar – auch für KMU. So wird aus einer gesetzlichen Pflicht ein effizient gesteuertes Element im Unternehmenserfolg. Ergänzend empfiehlt sich ein Blick auf nützliche Versicherungen, um Risiken ganzheitlich abzusichern und wirtschaftliche Stabilität zu fördern.

Adam Abdellaoui

Of Counsel
info@goldblum.ch
+41 (44) 5152530

FAQ – Häufige Fragen zur Mehrwertsteuer in der Schweiz

Ab einem Jahresumsatz von CHF 100’000 aus steuerbaren Leistungen ist die MwSt-Registrierung in der Schweiz obligatorisch.

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